Manchmal ist es gar nicht so einfach, die Vorteile von Augmented Reality zu erklären. Viele Menschen haben sich noch nicht näher mit Augmented Reality beschäftigt. Auf den ersten Blick sieht es dann vielleicht wie eine nette Spielerei aus, aber die Menge an Möglichkeiten ist nicht ganz klar.
Es gibt viele Anwendungen für Augmented Reality. Vor allem im Industrie-Bereich gab es in den letzten Jahren viele neue Entwicklungen. Aber eine der größten Stärken von Augmented Reality lässt sich meiner Meinung nach ganz einfach erklären: Augmented Reality kann Unsichtbares sichtbar machen.
Viele Dinge sind unsichtbar für uns Menschen. Mit unseren Augen sehen wir die Dinge, wie sie jetzt gerade sind. Wir sehen nur die äußere Hülle, aber nicht wie etwas von innen aussieht. Das ist ja auch ganz gut so. Einen permanenten Röntgenblick wie Superman stelle ich mir ziemlich anstrengend vor und würde zu einem totalen Overload an Informationen führen. Aber manchmal, da wäre es schon praktisch einen Blick auf das Unsichtbare zu werfen.
Was sind nun diese verborgenen Inhalte, die wir mit Augmented Reality sichtbar machen können?
Inhaltsverzeichnis
Vergangenes
- Wie hat diese Straße im Mittelalter ausgesehen?
- Von welchem Gebäude stammt diese Ruine?
- Welche Menschen haben früher in diesem Haus gewohnt?
- Welche Reparaturen wurden im letzten Jahr an dieser Maschine gemacht?
Einen Blick in die Vergangenheit zu werfen, ist das Ziel von digitalem Kulturerbe. Wie ich bereits in meinem Beitrag zu AR im Museum beschrieben habe, ist die Darstellung von rekonstruierten Gebäuden eine wunderbare Möglichkeit, in vergangene Welten einzutauchen.
Aber nicht nur im Bereich Kulturerbe ist die Vergangenheit wichtig. In der Industrie oder bei Reparaturen ist es hilfreich, zu wissen welche Überprüfungen und Änderungen bei einer Maschine in den letzten Jahren gemacht wurden. Anstatt lange nach irgendwelchen Aufzeichnungen zu suchen, wird die gesamte Historie einfach vor Ort angezeigt.
Zukünftiges
- Wie wirkt die geplante Küche in meiner Wohnung?
- Wie würde mein Gartenzaun in einer anderen Farbe aussehen?
- Passt diese Frisur zu mir?
- Wo genau wird der neue Bahnhof gebaut?
Gerade bei der Planung einer neuen Inneneinrichtung ist es immer wichtig, die Wirkung im eigenen Raum zu bedenken. Passen die neuen Möbel farblich und stilistisch zu den vorhandenen? Ist genug Platz oder sieht es zu vollgestellt aus?
Die bekannteste Applikation dazu ist Ikea Place. Damit lassen sich alle Ikea-Möbel in Augmented Reality darstellen. Eine ähnliche Anwendung gibt es auch von Villeroy und Boch, um sich Badmöbel im eigenen Badezimmer ansehen zu können.

Mit den richtigen Bilderkennungs-Algorithmen lassen sich auch vorhandene Gegenstände virtuell verändern. Mit der Dulux Visualizer App kannst du die eigenen vier Wände in den verschiedensten Farben betrachten.
Die Segmentierung funktioniert zwar (noch) nicht immer perfekt, aber du bekommst auch so einen guten Eindruck über die Wirkung der Farbe. Diese App habe ich auch bei meinem Test zur virtuellen Einrichtungsplanung benutzt.

Eine virtuelle neue Frisur kannst du mit einem der zahlreichen Instagram und Snapchat Filter ausprobieren. Da gibt es auch allerlei andere lustige Varianten, wie z.B. Tattoos, Make-Up oder Hüte. Nicht so lustig finde ich die Verschönerungsfilter, die vor allem Teenager heftig beeinflussen können, aber das ist eine andere Geschichte.
Die Technologie ist allerdings nicht nur für Spaßfotos zu gebrauchen, sondern auch für Produktpräsentationen. Mit sogenannten virtuellen Spiegeln kannst du Kleider in verschiedenen Farben, Brillen oder Make-Up ausprobieren. Ich habe z.B. mit der App WannaKicks verschiedene Sneakers virtuell ausprobiert.

Verstecktes
Der klassische Superman-Röntgen-Blick kann uns folgende Informationen liefern:
- Wie sieht meine Kaffeemaschine eigentlich von innen aus?
- Wo sind nochmal die Wasserleitungen in dieser Wand verlegt?
- Welche Entwürfe wurden für dieses Gemälde erstellt?
- Wo befinden sich die Lymphknoten, die zu entfernen sind?
- Lebt Schrödingers Katze oder nicht? OK nein, da hilft Augmented Reality auch nicht weiter.
Als Kaffeetrinkerin ist es mir eigentlich egal, wie die Kaffeemaschine innen aussieht, solange der Kaffee gut schmeckt. Für Reparaturen kann es aber durchaus hilfreich sein, sich schnell mal zu orientieren bevor man das ganze Ding zerlegt. Auch für die Einschulung von neuen Montage-Mitarbeiter*innen ist ein Blick ins Innere hilfreich.
Nicht nur Wasserleitungen, sondern gesamte Gebäude werden digitalisiert und mit Augmented Reality dargestellt. Building Information Modeling (BIM) ist derzeit ein großes Thema für die Planung von Baustellen. Gebäudeplanung, aktueller Fortschritt sowie Planänderungen sind in Echtzeit abrufbar und mit dem tatsächlichen Bau vergleichbar. Mit einem BIM werden daher versteckte und geplante Daten gleichzeitig angezeigt.
Auch in der Medizin ist Augmented Reality ein Thema. So werden zum Beispiel CT- und MRT-Daten direkt auf Patient*innen dargestellt. Dadurch ist es für Chirurg*innen einfacher, den geplanten Eingriff exakt durchzuführen.
Versteckte Daten werden auch bei Augmented Reality im Museum benutzt. Gemälde werden mit ihren Röntgenaufnahmen überlagert, sodass Besucher*innen die Zwischenschritte direkt mit dem Endergebnis vergleichen können.
Unbekanntes
Augmented Reality kann nicht nur zeigen, was ist, war oder sein wird, sondern auch zusätzliche Daten. Mir unbekannte Informationen werden am richtigen Ort angezeigt und helfen mir, eine Aufgabe zu erledigen.
- In welche Richtung geht’s zur nächsten U-Bahnstation?
- Welchen Knopf muss ich bei der Reparatur als nächstes drücken?
- Welche Hintergrundinformationen gibt es zu dieser Sehenswürdigkeit?
- Was bedeuten die Namen in dieser portugiesischen Speisekarte?
Natürlich, diese Informationen lassen sich auch textuell beschreiben. Und nicht überall ist Augmented Reality angebracht. Beim Autofahren, zum Beispiel, will ich nicht durch irgendwelche virtuellen Anzeigen abgelenkt werden. Zu Fuß bin ich allerdings schon mal in die falsche Richtung losgegangen, weil ich die Karte falsch interpretiert habe. Da hätte mir ein großer Pfeil am Boden einige Meter erspart.

Übersetzungen sind zum Beispiel mit Google Lens möglich. Die App zeigt direkt im Live-Bild den übersetzten Text an. Informationen zu Sehenswürdigkeiten war eine der ersten Anwendungen der AR-Plattform Wikitude. Anhand der GPS-Koordinaten wurden Informationen von Wikipedia zu Sehenswürdigkeiten angezeigt. Das ist schon eine ganze Weile her, aber Tourismus ist noch immer ein wichtiger Use Case für Augmented Reality.
Wie funktioniert es?
Die wichtigste Voraussetzung ist, dass du die Daten hast, um Unsichtbares sichtbar zu machen. AR kann das Unsichtbare nicht einfach herzaubern, sondern du benötigst im Allgemeinen ein 3D-Modell. Also zum Beispiel eine Rekonstruktion von antiken Gebäuden oder das CAD-Modell eines Möbelstücks.
Zusätzlich ist bei Augmented Reality immer die Registrierung mit der realen Welt ein wichtiger Punkt. Das neue Möbelstück soll ja nicht irgendwo in der Luft schweben, sondern fest am Boden stehen. Je nach Anwendung gibt es hier verschiedene Möglichkeiten. Die häufigsten sind die folgenden:
- Die Bodenebene wird automatisch detektiert und virtuelle Objekte können interaktiv platziert werden.
- Die reale Umgebung wird vorab gescannt und das virtuelle Objekt wird dann später automatisch platziert, z.B. mit Azure Spatial Anchors oder der World-Map auf iOS.
- Virtuelle Objekte sind mit Markern oder Image Targets verknüpft. Je nachdem, wo man den Marker platziert, erscheint auch das virtuelle Objekt.
- Virtuelle Objekte sind über Model Targets mit den realen Objekten registriert. Das CAD-Modell wird sowohl für die Anzeige als auch für die Erkennung des echten Objekts verwendet.
- GPS-Positionen sind für den Außenbereich sinnvoll, zum Beispiel für Gebäudesimulationen.

Dieser Artikel war definitiv keine umfassende Auflistung über die Möglichkeiten von Augmented Reality. Aber wenn wieder mal jemand danach fragt, kannst du ganz einfach sagen: Mit Augmented Reality hab ich einen Spezial-Röntgenblick und mache Unsichtbares sichtbar.