Immersion ist ein sehr wichtiger Begriff in Virtual Reality. Aber auch in anderen Bereichen wird der Begriff Immersion verwendet. Beispielsweise sagte Instagram-CEO Mosseri vor Kurzem, dass Instagram keine Foto-App mehr ist und stattdessen u.a. auf immersive Inhalte setzt.
Doch was bedeutet der Begriff Immersion eigentlich?
Meistens wird Immersion mit „Eintauchen in eine andere Welt“ übersetzt. Du setzt beispielsweise ein VR-Headset auf, bewegst dich in der virtuellen Welt und vergisst komplett auf die reale Umgebung.
Das ultimative Display
Der Traum von Virtual Reality Entwickler:innen ist die perfekte Immersion. Damit gäbe es keinen wahrnehmbaren Unterschied mehr zwischen realer Umgebung und virtueller Umgebung.
Bereits vor über 50 Jahren beschrieb Ivan Sutherland das Prinzip eines ultimativen Displays. Darin würde ein Computer Dinge nicht nur zeigen, sondern tatsächlich als Materie erstellen.
The ultimate display would, of course, be a room within which the computer can control the existence of matter. A chair displayed in such a room would be good enough to sit in. Handcuffs displayed in such a room would be confining, and a bullet displayed in such a room would be fatal. With appropriate programming such a display could literally be the Wonderland into which Alice walked.
Ivan Sutherland. The Ultimate Display (1966)
Ivan Sutherland ist einer der wichtigsten Pioniere auf dem Gebiet der Computergrafik und Virtual Reality. 1968 präsentierte er das erste Head-Mounted Display.
Immersion in der Virtual Reality
Damit dieses „Eintauchen“ in die virtuelle Welt gelingt, gibt es einige technische Voraussetzungen.

Tracking
Durch das Tracking der VR-Brille wird deine eigene Bewegung in die virtuelle Welt umgesetzt. Wenn du zur Seite blickst, ändert sich die Ansicht in der virtuellen Welt entsprechend.
Das ist die Voraussetzung für das Gefühl, dass du wirklich dort bist. Deine Bewegungen müssen eine natürliche Änderung der virtuellen Welt hervorrufen.
Genauso wichtig ist natürlich, dass deine Hände richtig getrackt werden. Entweder direkt oder über die Hand-Controller.
Konsistente Darstellung
Am naheliegendsten wäre folgende Annahme: je realistischer die virtuelle Szene ist, desto größer ist der Grad der Immersion.
Allerdings gibt es einen Effekt namens Uncanny Valley. Dieser bezieht sich hauptsächlich auf die Darstellung von Menschen und besagt: Wir identifizieren uns normalerweise umso mehr mit Figuren, je ähnlicher sie zu Menschen sind. Diese Identifikation fällt aber ganz stark ab, wenn eine Figur sehr realistisch dargestellt ist, aber doch erkennbar kein echter Mensch ist.

Für Virtual Reality bedeutet das: die visuelle Darstellung muss nicht unbedingt fotorealistisch sein. Andere Menschen können durchaus als Avatare gezeigt werden. Wichtig ist jedoch, dass der gewählte Stil konsistent ist. Fotorealistischer Hintergrund und comic-artige Figuren passen nicht zusammen.
Weitere Sinne: 3D-Audio
Computergrafiker:innen vergessen ja manchmal, dass Menschen mehr als den Sehsinn haben.
Für die perfekte Immersion müssten aber natürlich alle menschlichen Sinne berücksichtigt werden. In Kinosälen gibt es bereits verschiedenste 4D, 5D oder 6D Vorführungen. Dabei erleben Zuseher neben der 3D-Ansicht auch Duft, Luftzug, Wasser, Vibrationen, etc.
Bei Virtual Reality ist vor allem der richtige Sound wichtig. Richtig ist in dem Fall drei-dimensionaler Ton. Das heißt, wenn in der VR-Welt hinter dir ein Auto fahrt, hörst du das auch hinter dir. Sobald du dich umdrehst, kommt das Geräusch von vorne.
Haptisches Feedback
Ein weiterer wichtiger Sinn ist der Tastsinn. Dieser wird mithilfe von haptischem Feedback ausgelöst. Haptisch bedeutet übrigens „den Tastsinn betreffend“.
Mit den üblichen Hand Controllern sind Vibrationen möglich. Diese entsprechen natürlich überhaupt nicht den normalen Empfindungen des Tastsinns. Trotzdem ist es sehr wichtig, Feedback über Aktionen zu bekommen. Zum Beispiel wenn du gegen eine Wand stoßt oder einen Gegenstand aufnimmst.

Spezielle Hardware bietet natürlich mehr haptisches Feedback. Bei Handschuhen, wie z.B. von Manus, ist ein Widerstand für die einzelnen Finger möglich. Damit kannst du ein virtuelles Objekt tatsächlich greifen.
Aufgrund des komplett fehlenden haptischen Feedbacks sehe ich Hand Tracking auch sehr skeptisch.
Ausblenden der realen Umgebung
Je weniger du von der realen Umgebung mitbekommst, desto mehr bist du mit deinen Gedanken in der virtuellen Welt.
Das heißt, für eine gute Immersion ist eine gute Abdeckung der Brille notwendig. Die Brille schließt eng am Gesicht ab, sodass kein Licht von außen an die Augen herankommt.
Immersion in anderen Formaten
Grundsätzlich ist Immersion unabhängig vom Format möglich. Für mich gilt es auch als Immersion, wenn ich
- im Kinosaal komplett vom Film gefesselt bin,
- bei einem Buch komplett in die Geschichte eintauche und alles rundherum vergesse,
- mich bei einem Computerspiel stark mit der Spielfigur identifiziere.

Manchmal wird hier zwischen mentaler und physikalischer Immersion unterschieden. Einfach gesagt, ist die physikalische Immersion eine technische Unterstützung für die mentale Immersion.
Natürlich ist es einfacher, sich auf eine Geschichte einzulassen, wenn sie auf einer riesigen Leinwand gezeigt wird. Und rundherum alles dunkel ist. Aber wenn die Geschichte langweilig ist, hilft das auch nichts.
Bei der Anzeige auf einem kleinen Handy-Bildschirm ist dagegen grundsätzlich viel mehr Ablenkung von außen möglich.
Damit schließt sich der Kreis zu dem Verweis in der Einleitung. Wenn Instagram sagt, dass sie Inhalte immersiv anzeigen, ist das meiner Meinung nach nur ein Buzzword. Vollbildanzeige wäre aussagekräftiger. Aber klingt halt nicht so aufregend.
Nachteile von Immersion
Das ultimative Display wäre ja eigentlich der absolute Horror. Wir könnten nicht mehr zwischen Realität und virtueller Simulation unterscheiden (wie z.B. in den Matrix-Filmen). Zum Glück handelt es sich dabei nur um eine theoretische Überlegung.
Hoffe ich zumindest. Kann natürlich sein, dass ich diesen Text gerade in der perfekten Immersion schreibe 😉
Zurück zu tatsächlichen Virtual Reality Anwendungen:
Auch hier gibt es einige Nachteile durch die Abschottung der realen Welt.
Die meisten Virtual Reality Brillen haben Schutzmechanismen, damit Benutzer:innen innerhalb eines sicheren Bereichs bleiben. Trotzdem kann es schon mal zu blauen Flecken kommen. Wenn beispielsweise ein realer Tisch im Weg steht.
Der zweite Nachteil ist, dass es für viele Menschen eher unangenehm ist, nicht zu wissen was rundherum passiert. Vor allem wenn sie sich in einer Gruppe von (fremden) Menschen befinden. Das kann bei Kundenterminen oder auf Messen problematisch sein. Wenn es also nicht gerade um die Präsentation von VR-Technologie geht, würde ich hier immer eine nicht-immersive Alternative bereithalten.
Der dritte Punkt ist, dass ein Virtual Reality Aufbau nicht immer möglich ist. Standalone-Brillen sind zwar schnell aufgesetzt, aber trotzdem benötigst du etwas Platz. Dieser ist beispielsweise im Zug nicht vorhanden. Für diesen Fall ist eine (abgespeckte) Variante auf dem Smartphone oder Tablet sehr hilfreich.
Zusammenfassung
Immersion bedeutet, sich ganz auf eine künstliche Darstellung einzulassen. Das kann eine VR-Anwendung, ein Film oder auch einfach eine Geschichte sein.
In VR gibt es einige technische Aspekte, die das Gefühl der Immersion bestärken:
- Tracking für die perfekte 3D-Ansicht
- konsistente Darstellung
- Ansprechen aller Sinne
- Ausschluss der realen Umwelt
Aber letztendlich ist natürlich eine gute Geschichte sehr wichtig für die mentale Immersion.